Exposé

Musik in Auschwitz 

Über den Komponisten Szymon Laks

Von Stephan Heber

-In Zusammenarbeit mit der Stiftung Sechs Kontinente-

 

Am 11. Dezember 2008 jährt sich zum 25. Mal der Todestag des polnisch-jüdischen Komponisten Szymon Laks. Szymon Laks war von 1942-1944 Dirigent des Männerorchesters in Auschwitz-Birkenau. Dies möchte ich zum Anlass nehmen, Leben und Werk dieses Komponisten ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu heben und Konzerte mit seiner Musik zu spielen. Szymon Laks überlebte den Holocaust und schrieb seine Geschichte auf (auf Deutsch erschienen unter dem Titel „Musik in Auschwitz“). So kam ich auf die Idee, in Konzerten seine Biographie und Teile aus seinen autobiographische Aufzeichnungen vorzutragen und sie mit der Aufführung einiger seiner Werke zu verbinden. (siehe auch: Termine)

 

Leben und Musik

 

Szymon Laks wurde am 1. November 1901 in Warschau geboren und studierte zunächst Mathematik in Vilnius, bevor er sich ab 1921 dem Kompositionsstudium in seiner Heimatstadt widmete. 1926 verließ er Polen und setzte seine Studien in Paris fort. 1941 wurde er aufgrund seiner jüdischen Abstammung von den französischen Behörden verhaftet und in Internierungslager bei Orléans verbracht. 1942 wurde Laks nach Auschwitz-Birkenau abtransportiert. Er überlebte den Lagerhorror als Mitglied, später als Arrangeur und Dirigent des Männerorchesters. Im Oktober 1944 wurde er über Sachsenhausen nach Dachau deportiert, wo er am 29. April 1945 von amerikanischen Truppen befreit wurde. Nach dem Krieg kehrte Laks wieder nach Paris zurück und komponierte kammermusikalische Werke, Lieder und die Oper „L´hirondelle inattendue“ („die unerwartete Schwalbe“). Laks starb am 11. Dezember 1983 in Paris.

 

„Auschwitz war eine Art „Negativ“ der Welt, aus der wir entführt wurden. Weiß wurde schwarz, schwarz wurde weiß, die Werte um 180 Grad verdreht oder zugespitzt ausgedrückt, jeder von uns hatte zwei Möglichkeiten: entweder, die  Mitmenschen zu schlagen und zu foltern oder von ihnen geschlagen und gefoltert zu werden. Menschsein und Selbstwertgefühl wurden zu einem Vergehen: Logisches Denken war eine Erscheinung des Wahnsinns, Barmherzigkeit zum Zeichen einer krankhaften psychischen und moralischen Schwäche. Instinkte dagegen verwandelten sich in eine wahre Lagertugend und wurden zur notwendigen Bedingung zum Überleben. (…) Ich habe überlebt. Welchem Zufall verdanke ich das? Ich musste keine der allgemeinen menschlichen Tugenden ablegen, und trotzdem habe ich überlebt. Für mich ist es keine Frage, dass ich dieses einer Reihe von Wundern zu verdanken habe, und dass ich vor allem Landsleute traf, die sich ein menschliches Gesicht und ein menschliches Herz bewahrt hatten. Das erste meiner „Wunder“ bewirkte, dass ich von einem bestimmten Augenblick an zu der Kategorie der Gefangenen gehörte, die einen „besseren Stand“ in der Lagerhierarchie hatte, und dadurch, zumindest für eine ausreichend lange Zeit, besser essen konnte, um genügend Kraftvorräte im Körper zu sammeln, um die letzten, dunklen Stunden der Deportation zu überstehen. Dabei half mir…die Musik. Und so viele Male wurde mir gesagt, von Musik könne man nicht leben.“

 

„Nein, wir haben keine Trauermärsche gespielt! Im Gegenteil, die Märsche, die wir gespielt haben, waren fröhliche, schwungvolle bunt zusammengestellte, lustige, und ihre Aufgabe war es, zur Arbeit und zur „Lebenslust“ anzuregen, gemäß dem Motto des Lagers: „Arbeit macht frei“. Der besondere Ehrgeiz eines jeden Lagerführers war die Gründung einer eigenen Lagerkapelle oder – Orchesters, damit unseren „Schutz-Engeln“ gelegentlich ein bisschen Entspannung geboten wurde, die sie sehr nötig hatten…“

 

„Orchesteralltag in Auschwitz: Das war die Freude über neue Instrumente - und das Wissen darum, dass sie das Erbe von denen waren, die eine Nacht vorher ins Gas gingen.“

(Aus Szymon Laks: Musik in Auschwitz)

 

Werke des Komponisten

Szymon Laks hat Orchesterwerke, eine Oper, viele Lieder und zahlreiche Kammermusikwerke hinterlassen. Zum überwiegenden Teil sind diese Werke noch nicht gedruckt, sondern nur in Verlagskopien erhältlich. Für mein Projekt habe ich die folgenden Stücke zur Aufführung ausgewählt:

 

- Cellosonate (1932)

- Dialogue (1964) für zwei Violoncelli

- Passacaille (1946) für Cello und Klavier

- Suite polonaise (1935) für Violine und Klavier

- „Huit chants populaires juifs“ (1947) für Sopran und Klavier

- Divertimento für Flöte, Klavier, Cello und Violine (1966)

- Sonatine für Klavier (1927)

 

Vor dem Max-Samuel-Haus in Rostock (28.6.2009)