Gronau. „Klangpralinen“
lautet der Titel der neuen Kammermusikreihe im Paul-Gerhardt-Heim. Als
Genuss ohne Reue erwies sich der Auftakt der Reihe am Sonntag. Pralinen
schmecken gut und schmelzen schnell. Nicht jedoch die, die Karl Sousa
(Violine) und Stephan Heber (Cello) dem Publikum zum Verkosten
präsentierten. Um ihren Geschmack zu kosten, war ein bewusster Einsatz
aller Sinne erforderlich. Dann jedoch offenbarte sich ein intensives
Erlebnis.
Ein schöner beginn war Halvorsens Passacaglia über ein Händel-Thema.
Das gesamte Wörterbuch musikalischer Ausdrucksformen wandten die
Musiker an, um das Thema wieder und wieder in neuen
Geschmacksrichtungen darzubieten.
Musik dient einerseits der Kontemplation; doch in ihrer weltlichen Form
– als wilder, womöglich extatischer Tanz – war sie der (kirchlichen)
Obrigkeit immer schon suspekt. Das galt auch für den iberischen Tanz,
den Heber in 32 Variationen des Komponisten von Marin Marais
vorstellte. Die Inquisition hatte den Tanz gar verboten, doch selbst
der Inquisitor, so erzählte der Cellist, konnte sich dem Rhythmus von
„Les Folies d' Espagne“ nicht entziehen und wurde beim Tanz der
„spanischen Tollerei“ erwischt.
Anschließend brillierte Sousa mit der Interpretation der Ciaccona aus
der Partita Nr. 2 d-Moll von Bach. Das spieltechnisch anspruchsvolle
Stück meisterte der Violinist virtuos.
Neue Musik kennt andere Formen, spielt mit Hörerwartungen, reizt die
Sinne. So auch die „Stille Musik“ von Alfred Schnittke. Langgezogene
Glissandi entwickelten sich und erstarben wieder im Klang-Äther.
Obertöne gaben dem Ganzen einen unwirklichen Charakter.
Zoltan Kodalys Duo op. 7 eröffnete wiederum eine andere Welt. Die Sätze
weniger streng angelegt, schälten sich hier sehr melodiöse Passagen und
Klänge heraus, die das Tonspektrum ausreizten.
Die jungen Musiker erhielten heftigen Applaus des Publikums, das sich
schon auf die kommende „Klangpraline“ am 25. Mai freuen darf.
Martin Borck